Griechenland-Krise

Selbstverständlich rollen keine Panzer

 

Griechenland steht am Rande des Bankrotts. Zu der Finanzkrise ist nun noch eine Regierungskrise gekommen. Ob die schlingernde Regierung in Athen durch die heutige Kabinettsumbildung durch Ministerpräsident Giorgos Papandreou abgewendet ist, muss sich erst noch zeigen. Auf jeden Fall stand das Land seit dem 1949 beendeten Bürgerkrieg nie schlimmer da. Jahrzehntelange Misswirtschaft, die durch geschönte Statistiken lange Zeit verdeckt wurde, haben Griechenland ruiniert. Es wurde zu wenig gearbeitet, im Verhältnis dazu zu viel verdient, zu früh in Rente gegangen, ganze Berufszweige schotteten sich gegenüber dem Wettbewerb ab. Die Griechen haben auf geradezu atemberaubende Weise über ihre Verhältnisse gelebt. Umso schlimmer sind jetzt die Einschnitte für jeden einzelnen. In solchen Situationen erweist sich einmal mehr, dass jeder Mensch auch Staatsbürger ist, jede Familie nicht nur für sich lebt, sondern immer auch Teil eines größeren Ganzen ist. Wenn der Staat nicht gut verwaltet wird, trifft es am Ende jeden: am eigenen Geldbeutel, am Lebensstandard, an den Arbeitszeiten und der Entlohnung dafür.

 

In dieser Situation ist es zwar verständlich, dass sich die Griechen mit Generalstreiks und Ausschreitungen Luft machen. Die Situation verlangt nach einem Ventil. Aber es ist auch anzuerkennen, dass die große schweigende Mehrheit offensichtlich einsieht, dass die drastischen Sparmaßnahmen der sozialistischen Regierung unvermeidlich sind. Was sollte auch sonst passieren? Weiter Geld zum Fenster hinauswerfen, das man gar nicht hat? Griechenland ist auf die Solidarität der Europäer angewiesen. Es braucht die Finanzspritzen aus dem Ausland - und selbst muss es jede nur mögliche Anstrengung unternehmen und mittun an dieser Jahrhundertaufgabe der Sanierung des Staatshaushalts. Zugleich muss Athen gemeinsam mit der EU endlich an einer langfristigen Zukunftsstrategie arbeiten: Griechenland muss mehr können als Touristen bewirten und Olivenöl exportieren. Elf Millionen Griechen müssen doch in der Lage sein, auf lange Sicht hochwertige und nachgefragte Güter mit hoher Wertschöpfung zu produzieren. Hier hat es in der Vergangenheit an einer klugen und zielstrebigen Wirtschafts- und Bildungspolitik gefehlt.

 

In dieser ganzen schlimmen Krise darf eines nicht vergessen werden: auch wenn das Land am Abgrund steht, kommt niemand auch nur auf die Idee, dass die Militärs sich an die Macht putschen und auf ihre rabiate Art und Weise versuchen könnten, den Staat wieder in Ordnung zu bringen. Rollende Panzer in Athen oder Thessaloniki sind im Jahr 2011 undenkbar - dank der Europäischen Union und der festen Einbindung Griechenlands in diese starke Gemeinschaft. Noch vor einer Generation hätte die momentane Situation Griechenland direkt in die Militärdiktatur geführt. Man sollte nicht vergessen: erst 1974 (!) ging das Obristen-Regime mit zahllosen Toten und Folteropfern in Griechenland zu Ende.

 

Dass ein solcher Irrweg heute ausgeschlossen ist, ist eine Folge der europäischen Einigung, an die durchaus auch einmal erinnert werden darf - allem Ärger über die Milliarden, die gerade die Deutschen an Griechenland überweisen und dem geringen Dank dafür, zum Trotz. Insofern ist Griechenland auch Teil der europäischen Erfolgsgeschichte - Finanzkrise hin oder her.

 

 

 

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